Candidate Journey - Auswahlverfahren bewerberorientiert gestalten

Gestaltung von Auswahlverfahren - wie gehen Sie vor?

Phasen der Candidate Journey

Die Erfahrungen, die Bewerber/innen während der Teilnahme am Auswahlverfahren sammeln, beeinflussen maßgeblich die Candidate Experience. Während dieser Phase zeigt sich, ob die im Vorfeld kommunizierten und vorgegebenen Botschaften auch tatsächlich vom Unternehmen und seinen Vertretern/innen gelebt werden oder nicht. Ziel beim Erstkontakt mit Bewerbern/innen muss es daher sein, Begeisterung für das Unternehmen und die Position hervorzurufen.
Kandidaten/innen von heute stellen Ansprüche an das Auswahlverfahren und an die darin eingesetzten Auswahltools. Vom rekrutierenden Unternehmen werden (zeitliche) Flexibilität, Fairness und die Möglichkeit für eine authentische und persönliche Präsentation erwartet. Wie diesen Erwartungen an den verschiedenen Touchpoints im Auswahlprozess konkret entsprochen werden kann, haben wir nachstehend zusammengefasst (siehe auch Abbildung rechts oben).

Bewerbungsgespräch

Das Bewerbungsgespräch stellt DEN zentralen Prozess-Schritt im Recruiting dar, denn Kandidaten/innen und Unternehmensvertreter/innen begegnen sich nun erstmals persönlich und bilden sich Urteile übereinander. Personalverantwortliche sollten diese Gespräche jedoch nicht nur unter dem Aspekt der Personalauswahl betrachten, sondern auch für ein beiderseitiges angenehmes Gesprächsklima sorgen. Sämtliche Korrespondenz mit Bewerbern/innen stellt eine Visitenkarte des Unternehmens dar. Nützen Sie diesen Touchpoint, indem Sie im Einladungs- oder Bestätigungsschreiben auf eine Wegbeschreibung verweisen, die Namen der Gesprächspartner/innen und deren Funktion bekanntgeben und auch angegeben, wie lange der Termin ungefähr dauern wird. Ist eine kurzfristige Terminvereinbarung notwendig, so sollte diese am besten telefonisch mit dem Kandidaten/in abgestimmt und eine Terminbestätigung übermittelt werden.

Während dem Bewerbungsgespräch sollte folgendes beachtet werden:

  • Empfang und Begrüßung (Empfangspersonal ist über Termin informiert)
  • Keine langen Wartezeiten
  • Dialog auf Augenhöhe
  • auf Fragen des/der Bewerbers/Bewerberin eingehen
  • Klar erkennbarer Bezug von den gestellten Fragen zu den Anforderungen der Stelle
  • Kernbotschaften der Arbeitgebermarke transportieren, hervorheben etc.
  • Information über die weitere Vorgehensweise
  • Visitenkarten der Ansprechpartner für Rückfragen
  • Informationen über Arbeitgeberleistungen mitgeben (Bewerberflyer oder -mappe)
  • ...

 

Nach dem Bewerbungsgespräch ist es entscheidend, dass die im Bewerbungsgespräch mit dem/der Kandidatin kommunizierten Informationen und getroffenen Vereinbarungen auch eingehalten werden. Das beinhaltet Informationen über den Zeitraum für die nächsten Auswahlschritte genauso wie das Übermitteln von Zwischenbescheiden und dgl. Lange Bewerbungsprozesse oder Wartezeiten beeinflussen die Candidate Experience negativ und erschweren das Aufbauen von positiven Beziehungen wie nachstehende Grafik verdeutlicht. 

Quelle: Candidate Experience Studie 2014 (Athanas & Wald, 2014, S. 27)

Bewerbungsgespräche können auch per Telefon oder Skype geführt werden. Einerseits können bspw. in einem Vor-Telefoninterview wichtige Anforderungen im Vorfeld überprüft und somit die grundsätzliche Eignung eines/einer Kandidaten/Kandidatin evaluiert werden, bevor letztendlich die Entscheidung über ein persönliches Gespräch getroffen wird. Andererseits können dadurch von Kandidaten/Kandidatinnen, die weit entfernt wohnen, erste Eindrücke und zusätzliche Informationen gewonnen werden, ehe eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch erfolgt und damit Aufwände für beide Seiten entstehen. Skype bietet gegenüber einem klassischen Telefonat den Vorteil, dass über die Kamera Mimik, Gestik und Reaktionen besser übertragen werden und die Interaktion dadurch vereinfacht wird.

Moderne Auswahltools

Durch die Einbindung von digitalen und innovativen Auswahltools kann der Recruitingprozess effektiver, effizienter und insgesamt zukunftsfähiger gestaltet werden. Der Einsatz solcher Auswahlinstrumente beeinflusst auch die Wahrnehmung über das Unternehmen, da diesem dadurch Modernität und Offenheit zugeschrieben werden.

  • Zeitversetztes Videointerview
    Darunter werden web-basierte Videos verstanden, in denen Bewerber/innen vorgegebene Interviewfragen beantworten. Diese Form von Vor-Interview kann zeit- und ortsunabhängig durchgeführt werden; benötigt werden lediglich eine Webcam und ein Internetzugang. Die Videos werden aufgezeichnet und von verschiedenen Entscheidungsträgern (Personalverantwortliche/r, zukünftige/r Vorgesetzte/r etc.) angesehen und bewertet. Eine Erhöhung der Objektivität und Qualität der Vorauswahl und das Vermeiden von Beurteilungsverzerrungen durch einzelne Entscheidungsträger werden dadurch erreicht.
    Mit diesem Instrument wird auf ressourcenschonende Art und Weise einer großen Anzahl an Bewerber/innen die Möglichkeit geboten, persönlich von ihrer Eignung überzeugen. Für das Unternehmen ergeben sich dadurch Zeit- und Kostenersparnisse sowie eine schnellere Vorauswahl von Kandidaten/innen.
  • E-Assessment
    Relativ neu als Auswahlinstrument werden E-Assessments eingesetzt. Im Gegensatz zu klassischen Assessments werden diese Verfahren webbasiert durchgeführt. Mit Hilfe unterschiedlicher Testverfahren werden Charakteristika und Potenziale von Kandidaten/innen gesammelt und ausgewertet, um im Anschluss daran zu entscheiden, welche Personen in den nächsten Auswahlschritt aufgenommen werden oder nicht. Das Testverfahren kann äußerlich auf das Corporate Design des Unternehmens angepasst werden und auch inhaltlich einen Bezug zur jeweiligen Geschäftstätigkeit darstellen. Ein E-Assessment ist somit kein reines Testverfahren, sondern es dient auch dazu, Bewerber/Bewerberinnen Informationen zum Arbeitgeber zu vermitteln. Das heißt konkret, es unterstützt sowohl das Recruiting wie auch das Personalmarketing.

Beim Einsatz von solchen innovativen Auswahltools ist auf folgendes zu achten:

  • Kommunizieren Sie deutlich den Nutzen für Ihre Kandidaten/innen!
  • Sind die Kandidaten/innen im Vorfeld informiert (techn. Voraussetzungen, Ablauf, Zeitdauer etc.)?
  • Ist die Usability/Programmführung klar und verständlich?
  • Gibt es im Tool Möglichkeiten, die Bewerber/innen persönlich anzusprechen?
  • Werden wichtige Informationen über den Prozess gegeben?
  • Haben alle Fragen und Übungen im Tool direkten Bezug zu den Anforderungen der zu besetzenden Stelle?

Bewerber/innen stehen dem Einsatz solcher Verfahren tendenziell positiv gegenüber, da neben Nutzerfreundlichkeit, Nützlichkeit vor allem der Fairnessaspekt im Auswahlverfahren berücksichtigt wird.Während dieser Phase im Recruiting-Prozess sind vor allem die Unternehmensvertreter/innen gefordert, eine glaubhafte Bewerberorientierung zu praktizieren!

Im nächsten TRESCON-Newsletter steht die Kommunikation des Ergebnisses und die damit verbunden Touchpoints im Betrachtungsfokus.

Autorin: Christina Ausserwöger, TRESCON-Consultant und Social Media Recruiting-Expertin

Bildquellen
TRESCON

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