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09.06.2022

Die wahren Beweggründe hinter einem Job-Wechsel: ein oft unterschätzter Faktor!

Wie erkennt man die Beweggründe eines Bewerbers? Überzeugt ein höherer Gehaltsscheck oder sind es flexible Arbeitsmodelle?

Mattia Bovi, unser Partner von CFR Italien (Human Value), teilt seine Erfahrung, wie man Kandidaten findet und deren Motivationen erkennt.

Als Personalberater und Headhunter sind wir täglich gefordert, die Beweggründe eines Kandidaten zu bewerten, die ihn dazu bewogen haben, sich für eine beworbene Position zu interessieren.
Dabei ist es völlig normal, dass man von einer gewissen Begeisterung erfasst wird, wenn sich der Kandidat als ein „perfect fit“ mit unserem Auftraggeber herausstellt und wir dann oft alles tun, um ihn in den Auswahlprozess einzubeziehen. Doch gerade in solchen Situationen kann diese Euphorie gegenüber dem Kandidaten dazu führen, dass wir seine wahren Gründe für einen Stellenwechsel unterschätzen oder übersehen.

Die Gefahren eines dynamischen Marktes

In der aktuellen Zeit, von McKinsey auch „The Great Reshuffle“ genannt, macht es unsere Arbeit noch herausfordernder, denn die Pandemie hat die Wahrnehmung der Intensität der Arbeit – trotz Home-Office und mehr Flexibilität - verstärkt.

In Italien haben allein im Zeitraum von April bis Juni 2021 mehr als 2,5 Millionen Menschen gekündigt, was einem Anstieg von 37 % gegenüber dem gleichen Quartal 2020 entspricht. Eine Entwicklung, welche wir in Österreich noch nicht in der selben Intensität erkennen können.

Die psychische Belastung erweist sich als umgekehrt proportional zur effektiven Zahl der Arbeitsstunden, die in der Tat Jahr für Jahr abnimmt. Dazu einige Beispiele:

Im Jahr 1870: 3.000 Arbeitsstunden pro Kopf der Bevölkerung
Im Jahr 1971: 1.961 Arbeitsstunden pro Kopf
Im Jahr 2019: 1.743 Arbeitsstunden pro Kopf

Die Relevanz von „Learning & Development (L&D)“-Pfaden

Wirtschaftliche Faktoren sind weiterhin sehr wichtig, aber oft nicht mehr der alleinige Schlüsselfaktor für einen Wechsel. Stattdessen liegen vielmehr die Möglichkeiten, sich ständig neue Fähigkeiten anzueignen und einen größeren Freiraum bei der Festlegung der eigenen Karriereziele zu besitzen, im Fokus. 

Von Talent LMS & SHRM​​​​​​​ durchgeführte Studien belegen, dass Life Long Learning für Mitarbeiter ein enorm wichtiger Faktor ist. Daher haben Unternehmen, die mehr Geld in Weiterbildungsangebote investieren, bessere Möglichkeiten, Mitarbeiter einzustellen, zu engagieren und zu halten.

Die psychologischen Auswirkungen einer Veränderung

Ebenso wichtig ist es zu verstehen, wie Kandidaten in einem bestimmten Moment über eine Veränderung denken. Sind sie wirklich bereit, eine neue Herausforderung anzunehmen und ihre Komfortzone in nur ein paar Wochen zu verlassen, vielleicht nach 8-10 Jahren im selben Unternehmen?

Wir sollten nicht vergessen, dass eine Veränderung per Definition eine Stresssituation hervorruft, der nicht jeder in diesem bestimmten Moment wirklich gewachsen ist. In der Tat kann es einige persönliche Faktoren geben, die am Ende eine Entscheidung den Ausschlag für oder gegen das Stellenangebot geben.

Demnach treffen viele Bewerber ihre Entscheidung bereits genau in dem Moment, in dem sie ein Angebot erhalten bzw. dafür interessiert werden.

Die Auswirkungen der Work-Life-Balance

Die Pandemie hat uns auch hinsichtlich flexiblem Arbeiten verändert. Home-Office bzw. Arbeit aus der Ferne ist nun vielerorts möglich und bringt für viele die gewünschte Work-Life-Balance.

Dies hat zur Folge, dass Bewerber nun der Flexibilität eine sehr hohe Bedeutung zumessen. Inzwischen ist dies ein vollwertiger Entscheidungsfaktor, teilweise bereits mit einer höheren Wertigkeit als ein Firmenwagen oder eine attraktive Prämie.

Es ist Zeit, die neuen Rahmenbedingungen zu akzeptieren und
​​​​​​​sich damit auseinanderzusetzen

Es mag verwunderlich sein, wenn Bewerber in der Anfangsphase eines Einstellungsverfahrens nach den flexiblen Rahmenbedingungen fragen, doch es ist Zeit, sich mit diesen neu geschriebenen „Regeln“ auseinanderzusetzen. Das gilt nicht mehr nur für die Generation Z. Das Hauptziel es ist, agile Unternehmen zu finden, die ihnen nicht nur ein gutes Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben bieten, sondern auch ihre sozialen und kulturellen Werte teilen.

Die Bedeutung vergangener Veränderungen

Es ist ebenso wichtig, die Hauptgründe zurückzuverfolgen, die einen Kandidaten in der Vergangenheit zu einem Wechsel veranlasst haben.

Gab es echte Beweggründe für einen Wechsel oder ist der Kandidat nur vor einigen Misserfolgen und schwierigen Situationen mit Kollegen oder Vorgesetzten „entflohen“? In der Tat sind in der heutigen Zeit die Beweggründe einer beruflichen Veränderung vielfältiger und komplexer geworden!

Einige abschließende Überlegungen und Empfehlungen

Ein Kandidatengespräch ist eine wertvolle Gelegenheit für einen offenen Dialog - die Bewerber sollten keine "Angst" davor haben, ihre Erwartungen an die Position und das Unternehmen selbst klar zu formulieren.

Die Empfehlung für Headhunter/Unternehmen lautet, mutig genug zu sein, einen Rekrutierungsprozess abzubrechen, wenn sie Zweifel an der wirklichen Motivation der Bewerber haben, selbst wenn Soft- und Hard Skills überzeugend sind.

Es lohnt sich auf jeden Fall, während eines Vorstellungsgesprächs mehr Zeit in diese Aspekte zu investieren, statt den "richtigen Kandidaten" während der Finalverhandlungen oder, noch schlimmer, kurze Zeit nach der Einstellung zu verlieren.

 

Artikel geschrieben von Mattia Bovi, CFR Global Executive Search Italien​​​​​​​

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